Kategorie | Unterstützung |
Vorraussetzung | TUT-BASE-Grundknoten |
Material | Schere/Messer, Klebeband, Brenner, Öl, Tuch, Maßband, Metallring mit stabiler Verankerung, ca. 2x8m Platz |
Zielsetzung | Mit dieser Anleitung soll es jedem ermöglicht werden, seine Seile von einer Seilerei so nachzubearbeiten, dass diese als angenehmes Fesselmaterial verwendbar sind. Der Anspruch liegt nicht in der Perfektion, sondern in der einfachen Realisierung. |
Fähigkeiten | Fingerfertigkeit, Materialkunde, Grundknoten |
- Index:
- I. Hintergrund
- II. Materialien
- 1. Brenner
- 2. Öl
- 3. Tuch
- 4. Metallring
- 5. Klebeband
- III. Durchführung
- 1. Vorbereiten
- 2. Säubern
- 3. Ablängen
- 4. Strecken
- 5. Normalisieren
- 6. Drallberuhigung
- 7. Abflammen
- 8. Ölen
- IV. Fazit
- V. Anregungen zum Experimentieren
- Addendum
I. Hintergrund
- Das Seil ist beim Bondage das Hauptwerkzeug, deswegen wird diesem eine besondere Bedeutung beigemessen. Ein hochwertiges Set Seile (im Regelfall 7x8m) befindet sich preislich in einem Rahmen von 100€ – 200€. Die Summe der Investition schreckt initial oftmals ab.
Seile, die für diesen speziellen Anwendungsfall hergestellt werden, weisen Charakteristika auf, welche bei einer Fehlbehandlung schnell zur Schädigung des Materials führen.
Zum Reduzieren der Investition ist es möglich Seil einer industriellen Seilerei zu kaufen und dieses selbst nachzubearbeiten.
Für diese Anleitung wurde 5mm gedrehtes Hanfseil der Firma Kanirope verwendet.
II. Materialien
1. Brenner
Für das Abflammen empfiehlt sich eine stabile, blaue, rauschende Gasflamme von ca. vier bis fünf Zentimetern Höhe. Hierfür eignet sich zum Beispiel ein Campingkocher oder eine justierbare Lötlampe.
2. Öl
Für das spätere Einölen des Seils bietet sich lebensmittelechtes Paraffinöl an, wie es im veterinären Pharmaziebedarf erhältlich ist. Alternativ kann auch Babyöl mit Duft nutzen. Dieses sollte zum Großteil aus Paraffinöl bestehen, welchem Duftstoffe beigemischt wurden.
3. Tuch
Für das Tuch, welches zum Aufbringen des Öls auf das Seil genutzt wird, hat sich ein saugfähiges Naturfasertuch mit einer dichten Webung (z.B. Jeansstoff, dicker Baumwollstoff) bewährt.
4. Metallring
Der Metallring zum Durchziehen sollte eine Materialstärke von acht bis zehn und einen Innendurchmesser von mindestens 50 Millimetern haben.
5. Klebeband
Um die Enden des Seils zu fixieren und vor dem Aufdröseln zu schützen werden diese mit Klebeband umwickelt. Ein einfaches Gewebeklebeband ist ausreichend und übersteht auch die ein oder andere Wäsche.
III. Durchführung
1. Vorbereiten
Seile kommen im Regelfall entweder auf einer 220m Trosse oder 100m Rolle. Es ist ratsam das Seil der Trosse der Mitte aus abzurollen. So bleibt die Rolle länger stabil stehen.
Rollen sollten frei drehend aufgehängt werden um unnötigen Drall zu vermeiden.
2. Überprüfen und Säubern
Industrieseile werden nicht mit dem Hintergedanken sie für Bondage/Körperkontakt zu verwenden hergestellt, weswegen diese kleinere Mängel wie Spelzen oder Faserverdickungen aufweisen können.
Die harten Fasern können im Regelfall einfach aus dem Seil gezogen werden. Bei den Verdickungen kommt es darauf an, wie ausgeprägt diese sind. Kleinere Faserbündel können einfach entfernt werden. Sind jedoch alle Garne in der Litze betroffen ist diese Stelle nicht reparierbar.
In diesem Fall wird die Stelle markiert und beginnt direkt dahinter ein neues Seil abzulängen. Daher empfiehlt es sich diesen Verschnitt gleich bei der Bestellung mit einzuplanen und nicht zu knapp zu kalkulieren.
Kürzere Seile sind regelmäßig für Kleinigkeiten wie Knotenübungen oder Anstückeln gut zu verwenden.
3. Ablängen
Üblicherweise besteht ein Seilset aus sieben Stück mit je acht Metern. Wer sich zu Beginn unsicher ist, welche Länge er bevorzugt, kann die Seile zu Beginn auf zehn Meter Länge abschneiden und im Laufe der Zeit auf das gewünschte Maß kürzen. Länger als zehn Meter sind für die meisten Techniken unpraktikabel, aber es lässt sich noch vieles damit realisieren.
Um das Seil abzulängen wird zuerst ein Seil mittels Metermaß abgemessen und auf die gewünschte Länge gekürzt. Dieses Seil wird für alle folgenden Seile gleicher Länge als Maßseil verwendet, indem es parallel durch die Hand gezogen wird. Somit ist nicht nicht nötig, jedes Seil einzeln mit dem Maßband zu messen.An der gewünschten Schnittstelle wird das Seil mittig mit Gewebeklebeband umwickelt und in der Mitte des Klebebands geschnitten, damit sich beide Enden nicht aufdröseln können.
4. Strecken
Das Seil wird nun an einem Ende mit einem stabilen Ankerpunkt verbunden und auf die ganze Länge gestreckt. Der Zug, der bei diesem Vorgang ausgeübt werden sollte, beträgt circa 20kg. Anschließend wird das Seil in die Schlagrichtung gedreht, bis es sich locker ohne sich zu verdrehen legt.
Hierdurch wird das Seil erst etwas härter als vorher, bietet aber den Vorteil, dass es sich beim Fesseln weniger dehnt.
5. Normalisieren
Bei diesem Schritt wird das Seil mehrfach unter Last durch einen Ring gezogen. Der Ring sollte an zwei Punkten fixiert sein, damit er sich während des Durchziehens nicht drehen kann. Hierbei entstehend viele Fusseln, weswegen es empfehlenswert ist diesen Schritt entweder im Freien oder an einem leicht zu reinigenden Ort durchzuführen. Das Seil wird mit einem Halbmastwurf durch den Ring gelegt. Jetzt wird das Seil unter Last von links nach rechts durch den Knoten gezogen. Die Last am folgenden Ende des Seils sollte etwa ein bis zwei Kilogramm betragen.
Bei jedem Durchgang wird Drall aus dem Seil genommen, der sich in der Bildung von Augen im folgenden Ende manifestiert.
Diese Augen dürfen auf keinen Fall durch den Knoten gezogen werden und müssen durch Drehen des Seils immer wieder aufgelöst werden.
Wenn man am Ende des Seils angelangt ist geht es in die andere Richtung zurück, der Halbmastwurf klappt sich hierfür einfach um.
6. Drallberuhigung
Der Halbmastwurf wird aufgelöst und das Seil wird mit einem anderen Knoten durch den Ring gezogen.
Hierfür wird das Seil einmal durch den Ring gesteckt und zweimal um sich selbst geschlagen, wobei die Schlagrichtung des Knotens entgegengesetzt zur Schlagrichtung des Seils sein muss (S bei Z oder Z bei S).
Jetzt das Seil unter Last, angemessen sind circa 5kg, durch den Ring ziehen, wobei darauf zu achten ist, dass die Zugkraft auf beiden Seiten in annähernd gleich ist. Der Eintrittswinkel muss gleich dem Austrittswinkel sein.
Ist man am Ende angelangt geht es wieder in die andere Richtung zurück.
Nach diesem Vorgang verliert das Seil an Drall, was das Risiko von ungewollter Knotenbildung beim Fesseln verringert. Ebenso wird es biegsamer, da sich die Litzen gleichmäßiger im Seil verteilen und die Oberfläche wird weicher.
7. Abflammen
Hierfür wird das Seil durch eine Gasflamme gezogen. Die Geschwindigkeit sollte etwa ein Meter pro Sekunde betragen damit nur die herausstehenden Fasern abgeflammt werden und das zugrundeliegende Seil nicht beschädigt wird.
Insgesamt wird dieser Schritt dreimal durchgeführt, wobei das Seil nach jedem Durchgang um 120° gedreht wird, damit immer eine andere Seite zur Flamme zugewandt ist. Einzelne Stellen, die bei diesem Vorgang nicht oder noch zu wenig abgeflammt wurden, können im Anschluss gezielt durchgezogen werden.
Nach diesem Schritt fühlt sich die Oberfläche härter und kratzig an.
8. Ölen
Um das Seil geschmeidig zu halten, nicht auszutrocknen und brüchig werden zu lassen, wird es geölt.
Hierfür wird ein stabiles Tuch mit Öl befeuchtet (nicht getränkt) und das Seil unter Spannung durchgezogen.
Hierbei brechen die harten angekokelten Fasern, die vom Abflammen stammen, ab und es legt sich ein feiner Film auf das Seil. Etwa alle zwei bis drei Meter wird das Tuch neu befeuchtet.
Dieser Schritt wird noch einmal in die Gegenrichtung durchgeführt. Das Seil hat danach einen leichten Schimmer und fühlt sich etwas glitschig an.
Es ist besser weniger Öl aufzutragen und nach dem nachfolgenden Schritt nachzuölen als zu viel Öl aufzutragen, da es sehr schwer ist, dieses wieder aus dem Seil zu bekommen.
Im Anschluss wird das Seil an einem Ort ohne direkte Sonneneinstrahlung locker aufgehängt und für etwa eine Woche in Ruhe gelassen, damit das Öl alle Fasern durchdringen kann.
IV. Fazit
Auch mit wenig Budget lassen sich am Anfang mit einfachen Mitteln und etwas körperlicher Arbeit ein gutes Set zusammenstellen mit dem man fesseln kann und es müssen keine fertig bearbeiteten Sets teuer gekauft werden. Dadurch erhält man auch einen Bezug zum wichtigsten Werkzeug beim Fesseln.
V. Anregungen zum Experimentiern
- Um die Enden zu versäubern kann man statt dem Klebeband auch ein Takling einstzen oder die Enden mit einem Überhandknoten oder Thistle Knot abschließen.
- Das Ölen ist nur ein einfacher Schutz vor Feuchtigkeit. Um die Seile besser zu schützen und langlebiger zu gestalten können die Seile gewachst werden.
Addendum: Sourcefiles
- .png – Bilder
Versionshistorie
- 08.05.2022 1.0 Erstveröffentlichung
CC 4.0 BY-SA: TUT-SUPPORT-einfacheSeilbearbeitung 1.0 by Knotenpunkt Nürnberg e.V.
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